Sicherheit, Gesundheit & Umwelt

Baubetrieb: Gebäudesicherung

Text: Dipl.-Ing. Arch. I. Kaiser | Foto (Header): © vschlichting – stock.adobe.com

Diebstähle und Vandalismus sind Mitverursacher von Schäden auf der Baustelle, z. T. in Millionenhöhe, und führen häufig zu Verzögerungen und damit weiteren Kosten im Bauablauf, insbesondere dann, wenn Sonderbauteile, z. B. Spezialanfertigungen mit langen Lieferzeiten, abhandenkommen oder beschädigt bzw. komplett zerstört werden. Ähnlich verhält es sich bei Diebstahl von Baustellengeräten und -fahrzeugen. Eine weitere Gefährdung entsteht durch Wasserschäden und Brände.

Auszug aus:

Der Bauleiter
Ausgabe Oktober 2019
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Generelle Sicherheitsforderungen

Die Sicherung der Baustelle muss grundsätzlich sowohl von innen nach außen als auch von außen nach innen wirken. Für Gefahren, die von der Baustelle ausgehen und nach außen wirken, gelten hinreichend Vorschriften zur Sicherheit.

Von außen nach innen gilt der Schutz von Personen, die mehr oder weniger unbeabsichtigt die Baustelle betreten könnten. Das legendäre Schild „Betreten der Baustelle verboten. Eltern haften für ihre Kinder.“ reicht hierzu nicht aus, sondern muss durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen den unbefugten Zugang verhindern (Verkehrssicherungspflicht). Dies geschieht i. d. R. (mindestens) durch den Bauzaun.

Bauzaun und Beleuchtung

Je nach Lage und Einsehbarkeit der Baustelle ist der Bauzaun, ggf. gesichert durch Aushebemaßnahmen, die erste Hürde für Unbefugte, bei denen es nicht um deren Gefährdung, sondern um ihre „unlauteren“ Absichten geht.

Wird die Baustelle zusätzlich ausreichend beleuchtet – besser dauerhaft als durch Bewegungsmelder – bietet dies zusätzlichen Schutz. Allerdings nimmt die Dreistigkeit von Eindringlingen stetig zu, sodass auch in belebten Stadtvierteln Diebstähle bzw. Vandalismus festzustellen sind.

 

Bauteil-Sicherung

Einzelne Bauteile können mit speziellen Sendern ausgestattet werden, die bei Stromunterbrechung per Funk entsprechende Signale, wahlweise Informationen an das örtliche Wachpersonal bzw. per SMS oder Anruf an entsprechende autorisierte Personen senden.

Häufiges Einsatzgebiet für diese Art von Gefahrenmeldung sind Kabeldiebstahlmelder, da Kabel wegen ihrer Metallgehalte häufig Gegenstand von Diebstahl sind.

Kombiniert werden können diese Systeme mit Meldern an Türkontakten, Bewegungsmeldern und/oder Brand- und Wassermeldern.

Für Bereiche, die bereits fertiggestellt sind, stehen Verschlusssysteme aus Stahl zur Verfügung. Stahltüren zum Verschluss dieser Bereiche sind eine übliche und effiziente Möglichkeit, den Zugang zu verhindern.

Stahlsicherungselemente existieren auch für Öffnungen im Gebäude und werden häufig beim Bauen im Bestand, z. B. beim Austausch von Türen und Fenstern in der Bauphase, eingesetzt. Sie werden so eingesetzt, dass ein Öffnen von außen weitgehend unmöglich ist und gleichzeitig das Gebäude wenigstens teilweise vor Witterungseinflüssen geschützt ist.

 

Video-Überwachung

Die Installation von Videokameras auf der Baustelle, besonders an neuralgischen Punkten, z. B. an nicht von außen einsehbaren, schlecht auszuleuchtenden Stellen, ist eine relativ preisgünstige Möglichkeit der ständigen Überwachung der Baustelle. Die Geräte können für die Bauzeit auch gemietet bzw. geleast werden.

Je nach Größe der Baustelle werden Kameratürme installiert, die mit 360°-Kameras ausgestattet sind, die auch ohne Beleuchtung funktionieren. Zur Funktionssicherung können sie mit Notstrom-Aggregaten betrieben werden.

Über Meldezentralen besteht Life-View-Möglichkeit, d. h., per App werden die Daten an entsprechende Endgeräte übermittelt, sodass sofortige Reaktionsmöglichkeiten bestehen.

Videoaufnahmen durch (mobile) Kameras können im Schadensfall zusätzlich zur Identifizierung von Tätern führen.

Ein weiterer Vorteil des Kameraeinsatzes ist eine lückenlose Dokumentation des Bauablaufs, der häufig im Zeitraffermodus parallel für den Auftraggeber, ggf. auch zur Beweissicherung, oder den Internet-Auftritt des Auftragnehmers verwendet wird.

Problematisch sind an dieser Stelle die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Werden Personen aufgenommen, gilt dies als „Erhebung personenbezogener Daten“, d. h., kritisch ist die kontinuierliche Überwachung, bei der Aktivitäten von am Bau Beteiligten erfasst werden, z. B. die der Bauüberwachenden und -ausführenden. In diesem Fall wird unterstellt, dass die Arbeitsabläufe kontrolliert und überwacht werden.

Abhilfe schafft hier eine Einschaltung der Kameras erst nach Beendigung der Arbeiten, also in den tatsächlich kritischen Zeiten, zu denen keine Überwachung von auf der Baustelle Anwesenden gewährleistet ist. Weiterhin wird durch einen deutlich sichtbaren Hinweis auf die Videoüberwachung den VorschriftenGenüge getan.

 

Mobile Alarmanlagen

Alarmanlagen können in Baucontainern wie auch in noch nicht komplett erstellten Gebäuden oder in Bestandsgebäuden installiert werden. Sie arbeiten per Funk und kommen durch Akku-Betrieb oder über Solarpaneele auch ohne Netzstrom aus.

Ausgestattet sind sie wahlweise mit Bewegungsmeldern bzw. Wasserindikatoren für Wasserschäden und/oder Wärme- bzw. Rauchmeldern, sodass auch Brandgefahren schnell entdeckt und bekämpft werden können.

Brände können zum einen durch nicht sachgemäße Lagerung brennbarer bzw. leicht entzündlicher Materialien, zum anderen durch Brandstiftung entstehen.

Entsprechende Maßnahmen zur schnellen Feststellung von Brandherden in Verbindung mit sofortigen Löschmaßnahmen können damit größere Schäden verhindern.

 

Wachschutz

Bewachungspersonal rund um die Uhr einzusetzen, ist eine relativ teure Variante der Baustellensicherung und empfiehlt sich i. d. R. nur bei größeren Baustellen, einem risikoträchtigen Umfeld und/oder bei der Lagerung hochwertiger Materialien.

Je nach Anzahl der überwachenden Personen können bei Großprojekten dennoch Überwachungslücken entstehen, da zum einen die Routen des Wachpersonals ausgespäht werden können, zum anderen die Überwachenden auf großen Areals nicht überall gleichzeitig sein können.

Die Rundgänge sollten in unterschiedlichen Abläufen erfolgen, um das genannte Ausspähen zu verhindern. In vielen Fällen kann es sinnvoll sein, dass der Wachschutz durch entsprechend ausgebildete Hunde unterstützt wird bzw. bewaffnet ist. Dies beinhaltet gleichzeitig einen Abschreckungseffekt gegenüber potenziellen Tätern.

Viele Sicherheitsdienste bieten zusätzliche Leistungen wie das Stellen einer Brandwache an. Sofern keine Brandmeldung auf der Baustelle vorgesehen oder möglich ist, stellt diese Leistung in Zeiten, in denen nicht auf der Baustelle gearbeitet wird, einen wirkungsvollen Schutz dar.

Ein weiteres Angebot der Wachdienste ist die Lieferantenabfertigung. Hier ist in jedem Fall zu überprüfen, ob dieser Leistungsbereich tatsächlich von Fachfremden übernommen werden kann.

Alternativ zu einem ständigen Wachdienst in den Zeiten, zu denen die Baustelle nicht besetzt ist, also normalerweise nachts und an den Wochenenden/Feiertagen können auch sog. Revierfahrten bzw. Patrouillendienste beauftragt werden. In diesem Fall wird die Baustelle regelmäßig angefahren, bestimmte Stellen auf dem Gelände überprüft und an festgelegten Meldestellen dokumentiert.

 

Eingangskontrollen

Selbst im laufenden Betrieb von Großbaustellen sind Diebstähle und Vandalismus an schwer einsehbaren Stellen des Geländes möglich. Hier ist es sinnvoll, die Baustellenabsicherung mit elektronischen Meldern zu versehen („virtueller Bauzaun“ = Geofencing).

Ergänzend kann – wie bei fertiggestellten Gebäuden – im Zufahrtsbereich eine Schrankenanlage installiert werden, die mit Zugangskontroll-Systemen, z. B. Codekarten, versehen ist.

Auch hier besteht die Möglichkeit, dass alternativ Personal von Wachdiensten die Kontrollfunktionen beim Zugang zur Baustelle übernimmt.

 

Maßnahmen-Kombinationen

Die jeweils erforderliche Sicherung der Baustelle muss in jedem Einzelfall aufgrund der individuellen Situation neu überprüft und festgelegt werden.

Mögliche Fragestellungen sind hierbei:

Lage der Baustelle – z. B. weit abgelegen oder innerstädtisch

  • Wird die Baustelle von Anwohnern/Passanten quasi mitüberwacht?
  • Ist die Umgebung der Baustelle beleuchtet?

Umfeld der Baustelle

  • Gibt es „Gelegenheitstäter“, die zufällig vorbeikommen?
  • Sind in der Umgebung Randalierer/Vandalierer zu vermuten?

Logistikprinzip

  • Ist die langfristige Lagerung von Materialien (im Freien) geplant?
  • Ist aufgrund der Platzverhältnisse Just-in-Time-Lieferung erforderlich?

Baufortschritt

  • Müssen in der Anfangsphase Materialien im Freien gelagert werden?
  • Sind (Teil-)Bauabschnitte bereits fertiggestellt, die verschließbar sind?

 

Versicherungen

Der Gefahrenübergang gemäß § 644 BGB findet mit der Abnahme statt, d. h., bis zur Abnahme durch den Auftraggeber (lt. BGB: Besteller) trägt der Auftragnehmer (lt. BGB: Unternehmer) das Risiko für Schäden und Zerstörung der erbrachten Leistungen inkl. der auf der Baustelle befindlichen Materialien. Eine entsprechende Versicherung gegen Diebstahl, Vandalismus etc. ist empfehlenswert, z. B. Geschäftsinhaltsversicherung, Haftpflichtversicherung.

Auf Auftraggeberseite deckt die Bauleistungsversicherung die genannten Risiken nach der Abnahme ab.

 

Kosten

Je nach regionalem Standort bzw. Gemeindegröße (Großstadt <-> ländlicher Bereich) variieren die Kosten für die Überwachung, insbesondere wenn Maßnahmen-Kombinationen gewählt werden.

Bei Einzelmaßnahmen müssen ca. 2.000 € bis 10.000 € pro Monat angesetzt werden; bei Kombinationen können ggf. ca. 30.000 € pro Monat zusammenkommen.

Die damit entstehenden Kosten während längerer Bauzeiten erscheinen auf den ersten Blick hoch – verglichen mit möglichen Schäden, einerseits durch Beeinträchtigung oder Zerstörung von Baustoffen, Bauteilen und Geräten/Maschinen, andererseits durch die in jedem Fall entstehenden Verzögerungen im Bauablauf, sind sie in den meisten Fällen jedoch wesentlich geringer.

Selbst wenn mögliche Schäden mit geringeren finanziellen Aufwendungen durch Versicherungen abgedeckt werden können, entsteht immer zunächst der Schaden, der zu den genannten Störungen im Bauablauf führt. Bis zur Regulierung der Schadenssummen durch die Versicherungen vergeht i. d. R. zudem weitere Zeit.

Je nach örtlicher Situation und Art des Vertragsverhältnisses zur Erbringung der geschuldeten Bauleistungen müssen die Kosten der Baustellenabsicherungen bereits in der Kalkulation der Baupreise entsprechend berücksichtigt werden, am besten in Absprache mit dem Auftraggeber. Häufig sehen die Leistungsbeschreibungen für die Baustelleneinrichtung entsprechende Maßnahmen vor. Ist das nicht der Fall, sollte hier der Auftragnehmer den Auftraggeber frühzeitig, d. h. vor Auftragserteilung bzw. bereits vor Angebotsabgabe auf die Notwendigkeit der Baustellensicherung hinweisen.

 

Neutrale Beratungsleistungen

Die Polizei und die Industrie- und Handelskammern bieten in vielen Regionen eine spezielle, individuelle Beratung zur Baustellensicherung vor Ort an bzw. haben Checklisten für Sicherungsmaßnahmen entwickelt.

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